Vererbung

Creatures 3/Docking Station
Handbuch der digitalen Genetik

Das digitale Genom unterscheidet sich in mehreren Punkten von realer DNA:

  • Es gibt keinen Doppelstrang, sondern nur einen einfachen Informationsstrang.
  • Ein Codon codiert nicht für eine einzelne Aminosäure, den Bausteinen von Enzymen, sondern meist für eine komplette Chemikalie oder einen Befehl.
  • Das digitale Genom ist haploid, das Genom der meisten höheren Lebewesen dagegen ist die größte Zeit ihres Lebenszyklusses diploid.
  • Die Gene liegen alle auf einem einzigen "Chromosom", wohingegen in unserer Realität ein Chromosomen-Satz die Regel ist.
Es gibt aber auch Ähnlichkeiten:
  • Die Geninformation ist codiert. Allerdings bestehen die "Codons" nicht aus 3 sondern aus 2 Zeichen, die jedoch nicht nur aus 4, sondern 16 verschiedenen Bausteinen aufgebaut sind.
  • Im Zusammenhang mit der Fortpflanzung findet ein Chross-over statt, mit anschließender Reduktion des Chromosomensatzes. Dies ähnelt der Meiose, findet in diesem Fall aber erst nach der Befruchtung statt, da wir es mit haploiden "Organismen" zu tun haben.
Dies muß man beachten, wenn man versucht, sein Schulwissen über Genetik und Vererbung auf Norns zu übertragen.

Da sie haploid sind, treten Phänomene wie Dominanz und Rezessivität (Mendel läßt grüßen) in den Hintergrund. Konkurrierende Gene treten nur relativ selten auf, in erster Linie bei Pigment- und Pigment Bleed-Genen. In diesem Fall reichen einige einfache Regeln aus:

  1. Dominanzregel: Geschlechtsabhängige Gene dominieren über Gene, die für beide Geschlechter gleichzeitig gültig sind.
  2. Gleichrangige Gene verhalten sich intermediär, das heißt, die gleichen sich gegenseitig aus.

Da es nur einen Genstrang gibt, bekommt die Genkopplung größere Bedeutung. Sie spielt direkt nach der Befruchtung eine Rolle, in der kurzen Phase, in der die Genome beider Eltern zusammentreffen und für kurze Zeit ein diploides Stadium entsteht.In diesem Moment werden beide Genome zu einem neuen haploiden Genom reduziert, indem die elterlichen Genome in kurze Stücke zerlegt und zu einem neuen Genstrang zusammengefügt werden. Im Mittel gibt es etwa 14 sogenannte "Gen-Austausch-Punkte", wobei die tatsächliche Zahl zwischen 10 und 20 schwankt. Deshalb werden Gene, die auf dem Genstrang direkt hintereinander liegen, mit höherer Wahrscheinlichkeit zusammen vererbt, als Gene, die weiter auseinander liegen. Da jenseits einer Entfernung von etwa 60 Genen die Wahrscheinlichkeit einer gemeinsamen Vererbung zweier Gene auf 1:1 sinkt, verhalten sich die meisten Gene zueinander ungekoppelt.

Es ergibt sich deshalb für 2 Gene, die direkt nebeneinander liegen, eine Wahrscheinlichkeit von über 49%, daß beide zusammen vererbt werden.

Für 2 Gene, die weit von einander entfernt liegen, ergibt sich dagegen eine Wahrscheinlichkeit von 25%.

Inzucht (spielt sie eine Rolle, kann sie überhaupt negative Auswirkungen haben, sind nicht alle meine Norns miteinander verwandt???)

Inzucht ist ein schwieriges Kapitel: Schließlich sind sie alle aus einem identischen Genom (abgesehen von den Appearance-Genen) hervorgegangen. Alle Norns der ersten Generation sind sich also genetisch extrem ähnlich. In dieser Phase kann man von genetischer Inzucht sprechen. Diese ist nicht schädlich für Norns.

Durch die natürliche Mutation können im Laufe der Zeit die genetischen Unterschiede wachsen. Diese Mutationen können vorteilhafte Auswirkungen haben, neutral sein, wenn sie Gene betreffen, die das Aussehen regeln, aber auch schädlich sein.

Da Norns haploid sind, wirken sich alle Mutationen direkt aus (Ausnahme: geschlechtsabhängige Gene). Schädliche Mutationen führen häufig zu Todgeburten, zu Unfruchtbarkeit oder zumindest zu einer reduzierten "Lebensqualität". Solche Norns unterliegen normalerweise der "Selektion" und geben ihre defekten Gene nicht an die nächste Generation weiter.

Ein solcher Träger einer Mutation kann natürlich trotzdem am Leben und künstlich gesund erhalten werden. Wenn er sich dann fortpflanzt, bekommen seine Nachkommen mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% die schädliche Mutation vererbt. Unter diesen Nachkommen können negative Inzuchteffekte auftreten, wenn es gleichzeitig mehrere Träger der schädlichen Mutation unterschiedlichen Geschlechts gibt. Die Nachkommen von 2 Mutationsträgern erben die Mutation mit einer Wahrscheinlichkeit von über 99% (das Gen könnte auch nochmals mutieren). Ist die Mutation extrem schädlich, sind aber alle Träger bekannt, da sie behandlungsbedürftig sind.

Inzucht kann unter anderen Bedingungen jedoch zu unkalkulierbaren Problemen führen, nämlich dann, wenn man besonders unterschiedliche Genome, besonders verschiedene Neuzüchtungen miteinander gekreuzt hat. Häufig sind die Nachkommen aus einer solchen "Verbindung" nicht lebensfähig oder extrem geschädigt. Diejenigen Nachkommen, die überleben und fortpflanzungsfähig werden, können untereinander genetisch ebenfalls sehr divergent sein, obwohl sie sehr nah verwand sind. Wenn sie sich untereinander paaren, können bei ihren Nachkommen erneut starke Schädigungen auftreten. Diese Schädigungen sind aber auch bei Paarungen mit unverwandten Norns nicht ausgeschlossen.

Obwohl Inzucht unter Norns nicht selten ist, da die Populationen verhältnismäßig klein sind, sind schädliche Effekte also sehr selten und meist nur unter besonderem Aufwand des Spielers zu beobachten.

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